Frau mit Obst im Fahrradkorb

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum

Wirtschaftsminister Al-Wazir stellt neuen Regionalen Wohlfahrtsindex vor

Erstmals gibt es in Hessen ein alternatives Instrument, das nicht nur die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) alleine darstellt, sondern die Entwicklung der Lebensqualität insgesamt abbildet. Diesen sogenannten regionalen Wohlfahrtsindex (RWI) hat Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir heute in Wiesbaden vorgestellt.

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„Die Lebensqualität der Menschen lässt sich nicht alleine in wirtschaftlichen Kennzahlen wie Einkommen, Vermögen oder Konsumausgaben abbilden. Zu einem guten Leben gehören auch Bildung, Umweltschutz und Digitalisierung. Ganz entscheidend auf die Wohlfahrt wirkt sich außerdem Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft aus“, sagte Al-Wazir. „Seit Jahren arbeiten wir in Hessen daran, das Leben der Menschen besser und gerechter zu machen. Mit dem Regionalen Wohlfahrtsindex, dem RWI, haben wir nun einen umfassenden Gradmesser für die Lebensbedingungen in Hessen. Denn er berücksichtigt nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziale Parameter.“ Erstmals würden auch der positive Wert ehrenamtlicher Arbeit oder der negative Einfluss von Treibhausgasemissionen berücksichtigt.

Im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für interdisziplinäre Forschung der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST) in Heidelberg den Regionalen Wohlfahrtsindex (RWI) für Hessen entwickelt. Damit wurde ein Baustein des Koalitionsvertrags der schwarz-grünen Landesregierung umgesetzt. „Wenn wir wissen, wie es um die Wohlfahrt insgesamt bestellt ist, können wir an den richtigen Stellschrauben drehen. Mitten in der sozial-ökologischen Transformation gibt uns der RWI einen Hinweis darauf, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Und das Ergebnis der vergangenen zehn Jahre zeigt: Die Lebensqualität in Hessen hat sich deutlich verbessert“, sagte Al-Wazir.

Berücksichtigt werden im neuen Index 21 verschiedene Komponenten, die die Wohlfahrt steigern oder mindern. Investitionen in Bildung, abgebildet im privaten und staatlichen Konsum, ehrenamtliche Arbeit oder Digitalisierung und Erhalt der Natur fördern die Wohlfahrt einer Gesellschaft. Negativ wirken sich Treibhausgas-emissionen, Kosten von Lärm- oder Luftverschmutzung, Verkehrsunfälle, Kosten der Ungleichheit oder Ersatzkosten durch den Verbrauch nicht erneuerbarer Energieträger aus. „Wenn wir heute in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, in gerechtere Löhne oder in eine Verkehrswende investieren, die den Straßenverkehr sicherer und die Luft sauberer macht, sparen wir in der Zukunft hohe Kosten ein“, sagte Al-Wazir.

Wenn wir heute daran arbeiten, die Treibhausgasemissionen zu mindern, reduzieren wir morgen teure Schäden, die als Folge der Klimakrise entstehen können.

Tarek Al-Wazir Wirtschaftsminister

RWI bestätigt Politik der Landesregierung

Die Auswertung des RWI für die Zeit zwischen 1999 und 2021 ergibt ein gemischtes Bild. Der Zeitraum lässt sich in drei Phasen einteilen, in denen der RWI gesunken ist (1999 bis 2005), stagniert (2005 bis 2013) und gestiegen ist (2013 bis 2019). Die Corona-Pandemie (2019 bis 2021) wird gesondert betrachtet. Wird diese Entwicklung dem Nationalen Wohlfahrtsindex oder dem BIP gegenübergestellt, zeigt sich für die vergangenen zehn Jahre ein positives Bild.

Die Lebensqualität für die Hessinnen und Hessen hat sich seit 2013 besser entwickelt als im Rest Deutschlands. Das bestätigt sehr deutlich unsere bisherige Politik.

Tarek Al-Wazir Wirtschaftsminister

Auch während der Coronapandemie sei der RWI in Hessen konstant geblieben, anders als in Deutschland insgesamt, wo der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) rückläufig war. Auch die Folgen der Hochwasserkatastrophen an Ahr und Erft lassen sich am NWI ablesen: Für den Minister ein Hinweis darauf, dass Nichtstun in der Klimapolitik langfristig teurer ist als Maßnahmen des Klimaschutzes.

Der hessische RWI hat zudem seit 2013 stärker zugenommen als das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das bedeutet: Die Wirtschaft hat sich weiterentwickelt, die Lebensqualität ist aber noch stärker gestiegen. Genau das ist das Ziel eines erfolgreichen Wirtschaftswandels. Wir sind also auf dem richtigen Weg.

Tarek Al-Wazir Wirtschaftsminister

„Durch seine integrierte Betrachtung sowohl von wohlfahrtsteigernden als auch wohlfahrtsmindernden Faktoren ermöglicht der RWI einen umfassenderen Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung als das BIP“, führt Dorothee Rodenhäuser aus, eine der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Studie erstellt haben. Eine „silver bullet“ sei aber auch der RWI nicht, so Rodenhäuser weiter. Unter anderem durch seine Konstruktionsweise als monetäres Aggregationsmaß ist der RWI Beschränkungen unterworfen. So werden etwa subjektive Lebenszufriedenheit oder die Qualität von Sozialkontakten nicht erfasst und es wird unterstellt, dass sich verschiedene Wohlfahrtsaspekte untereinander aufrechnen ließen.

Was-wäre-wenn-Szenarien: Klimaplan und Reduzierung der Ungleichheit

Hinzu käme, dass die Frage von adäquaten Bewertungsansätzen und die Datenlage zu Einschränkungen in der Aussagekraft führten. Daher beginne die Zeitreihe des RWI Hessen auch erst im Jahr 1999. Der RWI sei weiterhin ein „offenes System“, das kontinuierlich weiterentwickelt werden soll. „Man sollte die einzelnen Jahreswerte und deren kurzfristige Änderung nicht bis auf die letzte Nachkommastelle interpretieren. Spannender und aussagekräftiger ist der Blick auf größere Änderungen und längere Phasen, in denen sich deutliche mittel- bzw. längerfristige Trends zeigen“, so Dr. Benjamin Held, Co-Autor der Studie. Darüber hinaus sei immer eine weitere Einordnung des RWI in andere Indikatoren und Konzepte sinnvoll, gerade hinsichtlich der langfristigen ökologischen Tragfähigkeit (z.B. planetare Belastungsgrenzen). Neben dem Blick zurück werden in der Studie auch zwei vorausblickende Szenariorechnungen des RWI dargestellt, die die Bereiche Klimaschutz und Ungleichheit adressieren. „Dabei handelt es nicht um Prognosen, aber über diese „Was-Wäre-Wenn-Szenarien“ lässt sich aufzeigen, dass auch die Reduktion von Umweltschäden und die Verringerung der Einkommensungleichheit substanziell zur Steigerung der Wohlfahrt beitragen können“, führt Held aus.

Die zwei Szenarien, die im RWI Hessen berechnet wurden, machten deutlich, dass der Klimaplan Hessen das richtige Instrument sei, um Hessen zukunftssicher und gerechter zu machen, sagte Minister Al-Wazir abschließend. „Der Klimaplan berücksichtigt alle Lebensbereiche: Die positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen ist messbar. Doch geht es in Zukunft nicht nur um den Weg zur Klimaneutralität. Eine weitere zentrale Aufgabe ist und bleibt eine Sozialpolitik, die alle Menschen im Blick behält, die noch bestehende Ungleichheit verringert und damit die Wohlfahrt in der Gesellschaft insgesamt verbessert. Denn unser Ziel ist: Jede und jeder soll in Hessen die Möglichkeit haben, ein gutes Leben zu führen.“

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