Landeskartellbehörde

Die Landeskartellbehörde ist für den Schutz des freien Wettbewerbs in Hessen zuständig und vollzieht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWBÖffnet sich in einem neuen Fenster). Sie setzt das Kartellverbot durch und übt die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende bzw. marktstarke Unternehmen aus und ist Teil des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum. 

Die Landeskartellbehörde nimmt Hinweise auf Kartellrechtsverstöße entgegen. Bei der Kontaktaufnahme kann der Hinweisgeber das ihm verdächtig erscheinende Verhalten schildern. Entsprechende Hinweise können der Landeskartellbehörde vertraulich – ggf. über einen Rechtsbeistand – unter folgenden Kontaktdaten übermittelt werden:

Landeskartellbehörde - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum
Kaiser-Friedrich-Ring 75
65185 Wiesbaden

Telefon: 06 11/ 815 – 0
E-Mail: Landeskartellbehoerde@wirtschaft.hessen.de

Kartellrechtsverstöße können auch anonym angezeigt werden. Das Bundeskartellamt hat ein elektronisches System zur Entgegennahme von anonymen Hinweisen auf Kartellverstöße installiert. Es garantiert die Anonymität von Informanten und ermöglicht dennoch eine fortlaufende wechselseitige Kommunikation über einen geschützten elektronischen Briefkasten. Auf diesem Weg können auch Hinweise auf regionale Kartelle bzw. entsprechende Verstöße in Hessen gegeben werden, für die die Landeskartellbehörde Hessen zuständig ist:

Anonymes HinweisgebersystemÖffnet sich in einem neuen Fenster

Das GWB versetzt die Kartellbehörde in die Lage, solchen Kartellbeteiligten die Geldbuße zu erlassen oder zu ermäßigen, die durch ihre Kooperation zur Aufdeckung eines Kartells beitragen (Kronzeugenbehandlung). Das Gesetz normiert im Rahmen des Kronzeugenprogramms die näheren Voraussetzungen für die Kronzeugenbehandlung. Eine Kronzeugenbehandlung ist nur auf Antrag bei der zuständigen Kartellbehörde möglich.

Die Landeskartellbehörde übernimmt die Leitlinien des Bundeskartellamts zum Kronzeugenprogramm für solche Kartellverfahren, die in ihre Zuständigkeit fallen. Weitere Infos dazu beim Bundeskartellamt.Öffnet sich in einem neuen Fenster

Die Landeskartellbehörde kann ganze Wirtschaftszweige oder bestimmte Arten von Vereinbarungen oder Verhaltensweisen untersuchen, wenn die Vermutung besteht, dass der Wettbewerb möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist (sogenannte Sektoruntersuchung).

Die Zuständigkeiten der Landeskartellbehörde und des BundeskartellamtsÖffnet sich in einem neuen Fenster sind im GWB geregelt. Insoweit gilt in der Regel:

  • Wenn die Wirkung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht über das Gebiet von Hessen hinausreicht, ist die Landeskartellbehörde zuständig.
  • Wenn die Wirkung über das Gebiet von Hessen hinausreicht, ist das Bundeskartellamt zuständig.
  • Im Einzelfall kann die Zuständigkeit einvernehmlich wechselseitig zwischen der Landeskartellbehörde und dem Bundeskartellamt geändert werden.

Für die Freigabe von Unternehmenszusammenschlüssen ist das Bundeskartellamt ausschließlich zuständig.

Gemeinsam mit dem Bundeskartellamt setzt die Europäische KommissionÖffnet sich in einem neuen Fenster die EU-Wettbewerbsvorschriften der Art. 101 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unmittelbar durch.

Kartellverbot

Man spricht von einem Kartell, wenn Unternehmen ihr Verhalten koordinieren, um den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Dies kann sich auf Unternehmen gleicher Wirtschaftsstufen (horizontal) wie auch unterschiedlicher Stufen der Lieferkette (vertikal) beziehen. Unter verbotene Wettbewerbsbeschränkungen fallen z.B. Preis- oder Auftragsabsprachen sowie Mengen- oder Gebietsabsprachen. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob Freistellungs- bzw. Ausnahmetatbestände greifen.

Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung

Marktbeherrschenden Unternehmen ist es verboten ihre Marktmacht zu missbrauchen.

Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, wenn es auf dem relevanten Markt ohne Wettbewerber ist, keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern eine überragende Marktstellung hat. Ab einem Marktanteil von mindestens 40% wird eine marktbeherrschende Stellung vermutet.

Marktbeherrschende Unternehmen dürfen andere Unternehmen insbesondere nicht unbillig behindern, ohne sachlich gerechtfertigten Grund anders behandeln als gleichartige Unternehmen oder Entgelte fordern, die sich bei wirksamem Wettbewerb nicht ergeben würden.

Gleiches gilt für marktstarke Unternehmen, von denen kleine und mittlere Unternehmen abhängig sind (relative Marktmacht).

Weitere Verbote

Unabhängig von der Marktstellung gilt für alle Unternehmen das Boykottverbot. Danach ist es untersagt, andere Unternehmen zu Liefer- oder Bezugssperren gegenüber dritten Unternehmen aufzufordern.

Ein Lieferant darf auch nicht durch die Androhung einer Liefersperre oder auch nur -reduzierung einen Händler dazu bewegen, die „unverbindlich“ empfohlenen Endverkaufspreise einzuhalten.

Ebenso ist jede Nachteilsandrohung oder -zufügung und jedes Versprechen oder Gewähren von Vorteilen verboten, das andere Unternehmer zu einem Verhalten veranlassen soll, das nach dem GWB verboten ist.

Im Fall von Verstößen hält das GWB verschiedene Sanktionsmöglichkeiten bereit.

Auf der einen Seite können die Kartellbehörden Unternehmen verpflichten, das kartellrechtswidrige Verhalten abzustellen, und unter bestimmten Voraussetzungen den aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten erzielten Gewinn abschöpfen. Außerdem können sie Bußgeldverfahren einleiten und Bußgelder verhängen.

Auf der anderen Seite können Marktbeteiligte, die von einem Kartellrechtsverstoß betroffen sind, selbst Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend machen und Schadensersatz verlangen.

Bußgeldverfahren

Die Landeskartellbehörde kann bei Kartellrechtsverstößen ein Bußgeldverfahren einleiten. Als Ermittlungsmaßnahmen kommen in erster Linie richterlich angeordnete Durchsuchungen und die Vernehmung von Zeugen in Betracht.

Im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen im Sinne des § 298 Strafgesetzbuch stellt die Abgabe eines Angebotes nach einer rechtswidrigen Absprache eine Straftat der Absprachetäter (natürliche Personen) dar. Diese werden von der Staatsanwaltschaft verfolgt. Zusätzlich führt in derartigen Fällen die Landeskartellbehörde ein kartellrechtliches Bußgeldverfahren gegen betroffene Unternehmen (juristische Person) durch. Relevant in diesem Zusammenhang ist auch eine mögliche Aufsichtspflichtverletzung der Geschäftsführung gegenüber Mitarbeitern, wenn diese gegen das Kartellrecht verstoßen.

Verwaltungsverfahren

Eine weitere Verfahrensart bei Kartellrechtsverstößen ist das Verwaltungsverfahren. Auch in einem solchen Verfahren kann die Landeskartellbehörde alle Ermittlungen führen und alle Beweise erheben, die erforderlich sind. Bieten die Unternehmen im Rahmen eines Verfahrens an, Verpflichtungen einzugehen, die die Bedenken der Kartellbehörde ausräumen, so können diese Verpflichtungszusagen durch Verfügung für bindend erklärt werden.

Im Rahmen von Verwaltungsverfahren kann die Landeskartellbehörde Unternehmen verpflichten, Zuwiderhandlungen abzustellen. Auch strukturelle Maßnahmen zur Abstellung eines Verstoßes können angeordnet werden, wenn sie verhältnismäßig und erforderlich sind. Die Kartellbehörde ist darüber hinaus befugt, die Rückerstattung der durch eine Zuwiderhandlung erwirtschafteten Vorteile anzuordnen.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Während das Kartellrecht die Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs gewährleisten soll, geht es im Lauterkeitsrecht um die Einhaltung der wettbewerblichen Spielregeln zwischen konkurrierenden Unternehmen.

Das Lauterkeitsrecht ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)Öffnet sich in einem neuen Fenster geregelt und wird nicht durch Behörden von Amts wegen vollzogen.

Vielmehr kann es durch Abmahnungen oder gerichtlich, etwa durch Unterlassungsklage, durchgesetzt werden. Berechtigt hierzu sind Konkurrenzunternehmen, rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern oder auch Verbraucherschutzverbände. Eine Liste über qualifizierte Wirtschaftsverbände sowie über qualifizierte Verbraucherverbände wird beim Bundesamt für Justiz veröffentlicht.

Eine kostengünstige Alternative zu einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten bieten die Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten, die bei den Industrie- und Handelskammern geführt werden.

Energie- und Wasserpreise

Der Landeskartellbehörde obliegt die Kartellaufsicht im Bereich der Belieferung mit Strom, Gas und Wärme. Zugleich übt die Landeskartellbehörde die kartellrechtliche Aufsicht über die Wasserversorgungsunternehmen im Lande aus, soweit diese dem Anwendungsbereich des GWB unterliegen. Zur Durchsetzung stehen ihr die gesetzlichen Instrumente des GWB zur Kontrolle der Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmepreise zur Verfügung.

Auch wenn die Energiepreise in Hessen von der Entwicklung der Weltmarktpreise für Energie nicht entkoppelt sein können, so setzt jedoch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum seine Möglichkeiten als Kartellaufsichtsbehörde ein, um möglichst günstige Preise für die Energie- und Wasserverbraucher zu erreichen. Die behördliche Kontrolle durch das Kartellrecht umfasst allerdings nicht die Klärung zivilrechtlicher Fragen, wie unter anderem Beschwerden über einzelne Vertragsklauseln. Dafür ist die Landeskartellbehörde nicht zuständig; eine Rechtsberatung im Einzelfall ist der Behörde untersagt. In solchen Fällen können Sie sich an die Verbraucherberatungsstellen wenden oder die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen.

Falls von der Kartellbehörde ein Verstoß, z.B. eine Preisüberhöhung, rechtskräftig festgestellt wurde, können Kunden eigene Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies ist jeweils durch den Kunden auf dem Zivilrechtsweg durchzusetzen.

Nachstehende Informationen haben wir zur Beantwortung zahlreicher Fragen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen zusammengestellt.

Die Landeskartellbehörde überprüft die Wasserpreise von Wasserversorgungsunternehmen in Hessen. Die Prüfung von Wassergebühren, wie sie insbesondere zahlreiche kleinere und ländliche Wasserversorger erheben, unterliegt allerdings nicht der Kartell-, sondern der Kommunalaufsicht. Dies hängt mit der Rechtsnatur von Gebühren als „öffentliche Abgaben“ zusammen.

Alle Wasserversorgungsunternehmen verfügen im Endkundengeschäft über eine lokale Monopolstellung und sind damit marktbeherrschend. Im Gegensatz zu Wirtschaftsbereichen, in denen Wettbewerb herrscht, können Bürger und Gewerbekunden nicht zu anderen Anbietern wechseln. Den Wasserversorgungsunternehmen fehlen daher Anreize für effizientes Wirtschaften; steigende Kosten können auf die Kunden übergewälzt werden.

Um dem entgegenzuwirken hat die Kartellbehörde die Möglichkeit, missbräuchlich überhöhte Preise für die Zukunft zu untersagen oder rückwirkend vom Versorger den Geldbetrag wieder heraus zu verlangen, den er durch den Kartellverstoß erlangt hat.

Ziel des Kartellrechts ist es, Wettbewerbsdruck auf den Monopolisten zu simulieren und damit den Anreiz zu schaffen, Ineffizienzen im Unternehmen zu beseitigen.

Die Landeskartellbehörde geht bei dem Verdacht missbräuchlich überhöhter Wasserpreise nach dem Vergleichsmarktprinzip vor. Dies bedeutet, dass die Kartellbehörde nur ähnlich strukturierte Unternehmen miteinander vergleicht. Bei der Auswahl vergleichbarer Versorgungsunternehmen hat die Kartellbehörde ein weites Ermessen. Für den Vergleich von Versorgungsunternehmen werden entweder idealtypische Musterabnahmefälle (bspw. 150m³ Trinkwasserabnahme) oder die Erlöse pro abgegebenem Kubikmeter Trinkwasser der Unternehmen herangezogen. Die Landeskartellbehörde hat 2007 bundesweit erstmals eine Preissenkungsverfügung im Wassersektor gegen das Wasserversorgungsunternehmen in Wetzlar erlassen. Diese wurde 2010 vom Bundesgerichtshof bestätigt und stellt nach wie vor die Grundlagenentscheidung zur Wasserpreisekontrolle in Deutschland dar. 

Aufgrund der Liberalisierung und damit verbundenen Öffnung der Strom- und Gasmärkte hat sich der Wettbewerb um Strom- und Gasverbraucher erfreulich entwickelt. Praktisch überall haben Kunden die Wahl zwischen mehreren Versorgungsunternehmen, so dass die frühere Monopolmarktsituation der Vergangenheit angehört.

Eine behördliche Kontrolle der Endverbraucherpreise für Strom und Gas ist deshalb nur noch in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Eine Genehmigungspflicht für Strom- und Gaspreise existiert nicht mehr. Bestehen bleibt die generelle kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterliegen auch die Fernwärmepreise der Kartellaufsicht, soweit die Fernwärmversorgungsunternehmen im Endkundengeschäft über eine marktbeherrschende Stellung verfügen. Dabei ist nicht von einem einheitlichen Wärmemarkt auszugehen, da der Endkunde nicht ohne erheblichen finanziellen Aufwand zu einem alternativen Energieträger (z.B. Gas, Wärmepumpe) wechseln kann. Im Gegensatz zu Wirtschaftsbereichen, in denen Wettbewerb herrscht, können Bürger und Gewerbekunden auch nicht zu anderen Fernwärmeversorgern wechseln. Den Versorgungsunternehmen fehlen daher Anreize für effizientes Wirtschaften; steigende Kosten können auf die Kunden übergewälzt werden.

Die Fernwärmeversorgung zeichnet sich durch eine starke Heterogenität der Versorgungsstrukturen aus, was jedoch nichts an der grundsätzlichen Vergleichbarkeit und Überprüfung der erhobenen Preise durch die Kartellbehörde ändert. Dabei kann die Landeskartellbehörde nach dem Vergleichsmarktprinzip einen simulierten Wettbewerb schaffen und so die Angemessenheit der tatsächlich erhobenen Preise vergleichen. Ebenfalls kann die Landeskartellbehörde mittels einer Kostenprüfung die Preishöhe der Fernwärme untersuchen.