Seit Ende 2014 werden in der neu geschaffenen Stabsstelle verstärkt innovative Strategien und Konzepte im Bereich des Fluglärmschutzes entwickelt und Einzelmaßnahmen und Instrumente im Bereich des Fluglärmschutzes analysiert und bewertet. Dazu zählt auch die systematische Überprüfung des derzeitigen Flugbetriebs (Lärmmonitorings) auf Lärmminderungsmöglichkeiten. In der Stabsstelle werden alle Aktivitäten und Zuständigkeiten im Bereich Fluglärmschutz einschließlich der Fluglärmschutzbeauftragten für den Flughafen Frankfurt gebündelt.
Checkliste
Maßnahmen für Fluglärmschutz
Das Prinzip ist ebenso einfach wie wirksam: Laute Flieger müssen für Starts und Landungen in Frankfurt deutlich mehr zahlen als leisere Flugzeuge. Dieser lärmabhängige Anteil an den Start- und Landeentgelten ist mehrfach erhöht worden. Erstmals enthält die Entgeltordnung seit dem Jahr 2017 zudem finanzielle Anreize für die Fluggesellschaften, ihre Flotte mit moderner satellitengestützter Navigationstechnik (GBAS) aus- bzw. umzurüsten. Die zunächst auf zwei Jahre befristete Förderung soll auch über das Jahr 2019hinaus verlängert werden. Die Fraport AG hat im aktuellsten Antrag auf Genehmigung einer neuen Entgeltordnung ab 2020 weitere Komponenten für mehr Lärmschutz verstärkt. So wurden zur Unterstützung der Ausmusterung der noch verbliebenen Flugzeugmuster, die nicht zumindest die Lärmzertifizierungswerte nach Kap. 4 nach Annex 16 der Chicagoer Konvention erfüllen, die Entgelte für solche Flugzeuge mit einem zusätzlichen Aufschlag versehen. Gleiches gilt für Nachtflüge, insbesondere für die ausnahmsweise stattfindenden Flüge von 23 bis 5 Uhr, deren häufigste Ursachen Verspätungen sind.
Das vom Land eingesetzte und finanzierte Forum Flughafen und Region (FFR) forscht u.a. an lärmärmeren Anflugverfahren. Ein Ergebnis solcher Forschung ist das vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) entwickelte technische Assistenzsystem LNAS („Low Noise Augmentation System“), das Piloten bei einem möglichst lärmoptimierten Anflug nach Frankfurt Main unterstützt und sich aktuell im Probebetrieb befindet oder z. B. der breite Einsatz von Wirbelgeneratoren, die die Geräuschentwicklung unter den Tragflächen der A320-Flotten zahlreicher Airlines, darunter Lufthansa, Condor, Air France, easyJet, SAS, Swiss und andere maßgeblich reduzieren. Auch der Bodenlärm soll durch den weitgehenden Verzicht auf laufende Flugzeugtriebwerke und den Einsatz von Schleppfahrzeugen und elektrisch angetriebenen Bugrädern reduziert werden.
Seit Ende März 2017 können auf allen drei Landebahnen Flugzeuge mit Hilfe der GBAS-Technik, die sich auf das GPS-Signal stützt, landen. Sie erlaubt eine präzise dreidimensionale Führung im Luftraum. Damit ist der Frankfurter Flughafen technisch für ein noch exakteres An- und Abfliegen ausgerüstet. Ein wesentlicher Vorteil von GBAS sind Anflüge mit einem höheren – und damit lärmreduzierten – Gleitwinkel. Durch finanzielle Anreize in der vom HMWEVW genehmigten Flughafen-Entgeltordnung wird sowohl die Nachrüstung als auch die Erstausrüstung bei Neubeschaffung von Flugzeugen unterstützt, um die bislang noch geringe Ausstattungsquote der in Frankfurt startenden und landenden Flugzeuge weiter zu erhöhen.
Beim Landen von Flugzeugen auf der Landebahn Nordwest wurden der Gleitwinkel des konventionellen ILS-Anflugs auf 3,2 Grad angehoben. Nach dem erfolgreichen Probebetrieb wurde die lärmmindernde Maßnahme im Dezember 2014 in den Regelbetrieb überführt. Durch das steilere Anfliegen zur Landebahn Nordwest sind die Flugzeuge insgesamt etwas höher über der Bebauung, so dass weniger Lärm am Boden ankommt.
Seit dem 30. Mai 2016 läuft der Regelbetrieb für siebenstündige Lärmpausen am Frankfurter Flughafen. Tausende Anwohner rund um den Flughafen erhalten bei Westbetrieb (Hauptbetriebsrichtung) dadurch eine zusätzliche Stunde Entlastung – über das bestehende Nachtflugverbot hinaus. Das umfassende Lärmmonitoring durch das FFR hat ergeben, dass die Lärmpausen in der Umsetzung reibungslos funktionieren, die Lärmbelastung messbar gesenkt werden konnte, und eine Mehrheit in der Region hat sich für die Fortführung des Lärmpausen-Modells ausgesprochen. Aufgrund umfangreicher Sanierungsmaßnahmen im südlichen Rollfeld des Flughafens finden die abendlichen Lärmpausen im Zeitraum Mai bis Dezember 2018 in der Regel nur an Wochenenden statt. Grund: Ab 22 Uhr - dem regulären Beginn der Lärmpause - steht montags bis freitags die Südbahn nicht für den Verkehr zur Verfügung. Die Flugbewegungen müssen daher auf den anderen beiden Landebahnen abgewickelt werden.
Das HMWEVW hat zusätzliche Städte und Gemeinden in die FLK aufgenommen. Damit stärken wir die Interessen der von Fluglärm betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner. Für die Mitgliedschaft von Städten und Gemeinden ist künftig die Lage im Lärmschutzbereich oder dem so genannten Fluglärm-Indexgebiet maßgeblich, für die Kreise eine Fluglärmbelastungssituation, die auf mehr als 100 Überflügen unter 6000 Fuß im Tagesdurchschnitt aufbaut. Damit gibt es nun erstmals objektive, nachvollziehbare Kriterien für eine Mitgliedschaft in der FLK. Bei der Abstimmung in der Kommission zur neuen Zusammensetzung gab es keine einzige Gegenstimme.
Nach der Veröffentlichung des so genannten „Kindermoduls“ der NORAH-Lärmwirkungsstudie im November 2014 bietet die Landesregierung den betroffenen Grundschulen individuelle Beratung, weitere Lärmschutzmaßnahmen sowie zusätzliche Leseförderung an. Dabei geht es auch um Möglichkeiten, bestehende Defizite beim Schallschutz an Grundschulen zu beheben. Die entsprechende Förderrichtlinie ist erarbeitet und wird im Staatsanzeiger veröffentlicht.
Gemeinsame Bundesrats-Initiative mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur Verbesserung des Fluglärmschutzes. Ziel ist es, dass bei der Festlegung neuer oder wesentlicher Änderungen bestehender Flugrouten der Lärmschutz stärker berücksichtigt wird. Der Vorstoß wird der Anforderung an eine stärkere Orientierung der An- und Abflüge an Lärmschutzgesichtspunkten gerecht und behält zugleich die Praktikabilität und Erfordernisse der Luftverkehrswirtschaft im Blick. Außerdem sieht die Initiative vor, eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange in Ergänzung zur Fluglärmkommission als Beratungsorgan vorzusehen.
Immobilieneigentümer in der Tag-Schutzzone 1 haben nach dem Fluglärmgesetz Anspruch auf Entschädigung für die durch Lärm eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit von Balkonen, Terrassen, Gärten etc. Die Höhe der Entschädigung kann entweder pauschal oder auf Basis des Werts der jeweiligen Immobilie bestimmt werden. Solche Wertgutachten sind jedoch zeitaufwendig und teuer. Das HMWEVW hat sich daher erfolgreich dafür eingesetzt, dass Eigentümer bei der Außenwohnbereichs-Entschädigung auch ein vereinfachtes Verfahren ohne Kostenrisiken für die Eigentümer zur individuellen Wertermittlung nutzen können.
Einzelheiten beim
Regierungspräsidium Darmstadt > RegionalfondsÖffnet sich in einem neuen Fenster.
Die Einführung einer Lärmobergrenze ist das zentrale strategische Instrument für mehr Lärmschutz in der Region. Das HMWEVW hat hier Pionierarbeit geleistet und in einem freiwilligen Bündnis zusammen mit der Fluglärmkommission, der Luftverkehrswirtschaft und dem Forum Flughafen und Region im November 2017 eine Lärmobergrenze vereinbart, die das das Rhein-Main-Gebiet vor einem unbegrenzten Anstieg der Belastung durch Fluglärm schützen wird. Sie sieht vor, das zukünftig erlaubte Lärmniveau um 1,8 Dezibel gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten zu senken. Zum ersten Mal ist damit die Entwicklungsmöglichkeit des Flughafens verknüpft mit der Frage, wie viel Lärm der Flugverkehr macht. Das ist ein Paradigmenwechsel. Die Lärmobergrenze wurde zudem im Landesentwicklungsplan verankert. Einmal jährlich veröffentlicht das HMWEVW auf seiner Homepage einen Monitoringbericht zur Einhaltung der Lärmobergrenze.
Das Navigationsverfahren RNP (Required Navigation Performance) unterstützt Piloten, sich sehr viel genauer an die vorgegebene Fluglinie zu halten. RNP ist damit ein weiterer Beitrag zur Begrenzung des Fluglärms im Rhein-Main-Gebiet. Anlass für die Einführung des Verfahrens waren regelmäßig auftretende systematische Abweichungen von der Ideallinie der Südumfliegung, die insbesondere in Trebur und Mainz zu erheblichen zusätzlichen Lärmbelastungen geführt hatten. Diese waren von der Fluglärmschutzbeauftragten des Hessischen Wirtschaftsministeriums gegenüber den beteiligten Akteuren und dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung adressiert worden.
Für besonders stark von Fluglärm belastete Kommunen stellt das Land Hessen bis zum Jahr 2021weitere 22,5 Millionen Euro bereit. Das sind 4,5 Millionen Euro jährlich. Wir greifen damit erneut den Kommunen mit einem hohen Millionenbetrag unter die Arme, um die negativen Folgen des Fluglärms abzumildern. Und wir lassen ihnen dabei viel Beinfreiheit, wie genau sie das Geld einsetzen möchten. Denn die Kommunen wissen in der Regel selbst am besten, mit welchen Maßnahmen sie ihre Stadt oder ihren Ort attraktiver und lebenswerter machen können. Voraussetzung ist lediglich, dass das Geld zur Abmilderung von Fluglärmfolgen oder zur Verbesserung der Lebensqualität in der Kommune eingesetzt wird.
Das HMWEVW hat sich aktiv an der Ausgestaltung des zweiten Programms für aktiven Schallschutz innerhalb des FFR beteiligt. Das Programm enthält insgesamt 17 Ansätze um die Fluglärmbelastung im Umfeld des Flughafens Frankfurt zu verringern oder bessere Rahmenbedingungen hierfür zu ermöglichen. Im Unterschied zum ersten Maßnahmenpaket enthält die Fortschreibung nicht nur Vorschläge zu Änderungen von Flugrouten oder technische Verbesserungen an den Flugzeugen, sondern es sollen auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine schnellere Umsetzung von Maßnahmen verbessert werden. Die vorgesehenen Konsultationen stehen zudem für eine neue Qualität der Transparenz und Beteiligung.
Das Forum Flughafen und Region hat u. a. auf Betreiben der Fluglärmschutzbeauftagten einen Vorschlag für eine Änderung der Flugroute „AMTIX kurz“ im Detail ausgearbeitet, um dicht besiedelte Gebiete im Norden Darmstadts zu umfliegen. Der Vorschlag wurde aufgrund seiner auch lärmverteilenden Wirkung einer umfangreichen Konsultation der betroffenen Gemeinden und Bürger unterzogen. Dort erarbeitete Optimierungsvorschläge wurden aufgegriffen. Die Fluglärmkommission hat der Durchführung eines Probebetriebs mit umfassendem Monitoring zugestimmt. Im weiteren Verfahrensverlauf wird das zuständige Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung endgültig über den Probebetrieb entscheiden, der voraussichtlich Ende 2020 beginnen soll.
Bevor der Probebetrieb für eine (Lärmschutz-)Maßnahme beginnen kann, ist nach aktueller Rechtslage ein langwieriger Genehmigungsprozess nötig. Wie bei Flugverfahren erfolgt auch die Festlegung von Maßnahmen im Probebetrieb formal durch Rechtsverordnung. Durch eine Änderung der Rechtsgrundlagen in der Luftverkehrs- Ordnung (LuftVO) soll erreicht werden, dass kurzfristige Maßnahmen durch Allgemeinverfügung festgelegt und damit schneller in einen von einem Monitoring begleiteten Probebetrieb übergehen können. In Abstimmung mit dem BAF und der DFS wurde ein Entwurf der Änderung der LuftVO erarbeitet und wurde dem für die Änderung der LuftVO zuständigen Bundesministerium für Verkehr vorgelegt.
Ein Schlüsselfaktor für mehr Lärmschutz ist, dass in Frankfurt möglichst modernes, lärm- und schadstoffeffizientes Fluggerät eingesetzt wird. Daher arbeitet das HMWEVL an verschiedenen Maßnahmen, wie der Ersatz älterer Flugzeuge durch moderne Flugzeuge befördert werden kann: Das reicht von der Ausgestaltung der Lärmobergrenze über Fachworkshops mit dem Umweltbundesamt und der Luftverkehrsindustrie bis zur Konzeption von Förderprogrammen, mit der z.B. die Bundesregierung die Flottenmodernisierung fördern könnte.
Das HMWEVW hat ein umfangreiches Monitoringsystem etabliert, um auch unterhalb der rechtlich vorgeschriebenen Grenzen die Zahl von verspäteten Flügen von 23 bis 5 Uhr so gering wie möglich zu halten. Auffälligkeiten werden von der Fluglärmschutzbeauftragten und der Luftaufsicht gegenüber den Airlines konsequent adressiert. Soweit sich ein Verdacht ergibt, dass Rechtsverstöße vorliegen, wird das dafür zuständige Regierungspräsidium Darmstadt eingeschaltet zur Prüfung, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt.
Eine ausführliche Erläuterung der geltenden Regelungen und Fragen rund um den Umgang mit verspäteten Nachtflügen ist
hierÖffnet sich in einem neuen Fenster abzurufen.
Um das Ausmaß des nächtlichen Flugbetriebs im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses und im Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens auf das unbedingt notwendige Maß zurückzuführen, hat das HMWEVW einen 7-Punkte-Plan für mehr NachtruheÖffnet sich in einem neuen Fenster erarbeitet. Die Maßnahmen reichen von einer Begrenzung der Flugbewegungen zu Stoßzeiten über eine Erhöhung der Bußgelder bis hin zu einer engmaschigen Überwachung der Flugplangestaltung. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen müssen teilweise Bundesgesetze geändert werden. Hessen startet dafür beispielsweise Bundesratsinitiativen.
Wenn einzelne Flugverbindungen regelmäßig verspätet sind und die 23-Uhr-Grenze reißen, leitet das Land Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Piloten ein. Für die langfristige Sommer- und Winterflugplanung verantwortlich ist jedoch in aller Regel nicht der Pilot, sondern die Fluggesellschaft. Um auch die Airlines selbst schneller zur Verantwortung ziehen zu können, muss das Luftverkehrsgesetz durch den Bundestag angepasst werden. Eine entsprechende Initiative aus Hessen hat im Bundesrat eine Mehrheit erhalten. Jetzt ist der Bundestag am Zug, die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zu ändern.
Stand: Oktober 2019