In der Stadt Gießen entsteht am östlichen Innenstadtrand auf dem ehemaligen US-Motorpool-Gelände das neue Quartier „Philosophenhöhe“ mit mehr als 300 Wohnungen und Gewerbebauten und einem innovativen Energiemanagement, das unterschiedliche Technologien kombiniert. Herzstück des Viertels wird ein neu entwickelter Hybridspeicher, der flexibel Wärme und Strom speichern kann. Das zugehörige Forschungsprojekt „FlexQuartier“ wird vom Team des Kompetenzzentrums für Energietechnik und Energiemanagement (etem.THM) umgesetzt und vom Bund mit rund 4,6 Mio. Euro gefördert.
„Rund ein Drittel des hessischen Endenergieverbrauchs entfallen noch immer auf Heizung, Beleuchtung und Warmwasserversorgung unserer Gebäude. Durch moderne Technologien kann gerade bei Neubau-Projekten die Energiewende umgesetzt werden“, sagte Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir beim Besuch der Baustelle. „Energieressourcen sollen im FlexQuartier flexibel genutzt werden, damit der Eigenbedarf vermehrt lokal gedeckt sowie Netzkosten reduziert werden können. Ein echtes Leuchtturmprojekt!“, so der Minister.
Vor Ort intelligent miteinander verknüpfen
Professor Stefan Lechner vom Fachbereich Maschinenbau und Energietechnik der Technischen Hochschule Mittelhessen ist Projektleiter und will mit seinem Team Strom- und Wärmesektor vor Ort intelligent miteinander verknüpfen. „Das besondere am Hybridspeicher: Bisherige Speicher lassen sich in mechanische, elektrische, chemische und thermische Technologien einteilen. Der Hybridspeicher im FlexQuartier stellt eine Kombination von Speichertechnologien dar und verknüpft deren Vorteile. Besonders innovativ ist die Speicherung von Strom in Form von Hochtemperaturwärme und bedarfsgerechter Rückverstromung in unserer sogenannten Carnot-Batterie, die eine sehr preisgünstige Energiespeicherung mittels Keramiksteinen ermöglicht. Auch die Bereitstellung von netzstabilisierenden Dienstleistungen, sogenannter Regelenergie die bisher überwiegend von Großkraftwerken erbracht wurde, ist eine Besonderheit unseres Quartierspeichers“, erläuterte Prof. Lechner.
Bei der Stromversorgung des Quartiers setzen die Partnerinnen und Partner vor allem auf erneuerbare Energie aus Photovoltaik-Anlagen. Durch Mitwirkung der Stadt Gießen konnte sichergestellt werden, dass auf mindestens 50 Prozent der Dachflächen Photovoltaik-Anlagen installiert werden. Nicht direkt für den Eigenbedarf benötigter Strom wird tagsüber auch im Hybridspeicher zwischengespeichert und deckt somit nächtliche Strombedarfe, kann aber auch für die Wärmeversorgung des Quartiers durch Wärmepumpen eingesetzt werden. Über diese wird auch die Umgebungswärme sowie die Abwärme der Energiezentrale für die Bewohnerinnen und Bewohner nutzbar gemacht. Der Mobilitätssektor wird im Quartier ebenfalls berücksichtigt, neben vielen verteilten Ladepunkten an den Wohngebäuden ist das Laden von E-Autos auch direkt auf dem Gelände der Energiezentrale möglich.