„Hessen wird Vorreiter beim Klimaschutz im Luftverkehr“, sagte Al-Wazir. „Gemeinsam mit der Firma Ineratec und unserem hessischen Kompetenzzentrum für Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr ist es gelungen, eine Pilotanlage im Industriepark Höchst zu konzipieren. Damit gehen wir hier in Hessen einen großen Schritt voran, um Klimaneutralität auch im Verkehrssektor zu ermöglichen, und stärken den Standort beim Übergang zum klimafreundlichen Wirtschaften.“
Zeitstrahl
Welcher Meilenstein wurde wann erreicht?
Synthetisches Kerosin senkt Luftschadstoffe
Dies sei dringend notwendig, so der Minister, denn noch immer entfalle ein Viertel des gesamten hessischen Endenergieverbrauchs auf das am Frankfurter Flughafen vertankte Kerosin. Zwar werde der größte Teil des Kraftstoffs, der hier vertankt wird, außerhalb Hessens im internationalen Flugverkehr verbraucht, aber als Standort des größten deutschen Flughafens habe Hessen ein besonderes Interesse an Alternativen zum fossilen Kerosin. „Die in der geplanten Pionieranlage hergestellten Mengen sind im Vergleich zum Kraftstoffbedarf am Flughafen Frankfurt noch gering“, sagte Al-Wazir. „Es geht bei der Pilotanlage darum, synthetisches Kerosin in größerem Maßstab als bisher herzustellen, um Erfahrungen für die Massenproduktion zu gewinnen. Und jede nachhaltig hergestellte Tonne nicht-fossilen Kraftstoffs ist in mehrfacher Hinsicht wertvoll. Denn es werden nicht nur CO2-Emissionen eingespart. Beim Verbrennen entstehen auch weniger Luftschadstoffe.“ Für mehr Klimaschutz im Luftverkehr sei es daher wichtig, in der Zukunft in die Herstellung solcher Kraftstoffe über Testanlagen hinaus einzusteigen, um die notwendigen Erfahrungen für die weitere Hochskalierung und industrielle Produktion in- und außerhalb der EU zu sammeln.
30 Mio. Euro für Pilotanlage
Auf dem Gelände des Industrieparks Höchst wird das Karlsruher Unternehmen Ineratec GmbH eine Anlage errichten, in der von 2023 an jährlich bis zu 3.500 Tonnen eines Vorprodukts für synthetisches Kerosin produziert werden sollen. Das Vorprodukt kann anschließend in einer Raffinerie zum überwiegenden Teil als Flugkraftstoff weiterverarbeitet werden. „Wir brauchen synthetische Kraftstoffe, um in allen Sektoren die Erreichung der Klimaziele zu ermöglichen. Mit unserem Vorprodukt wollen wir fünf Prozent des europäischen Rohölbedarfs bis 2035 decken – diese Pionieranlage ist erst der Anfang. Wir werden die Technologie global ausrollen und so die Produktionskapazitäten erhöhen“, sagte Geschäftsführer Philipp Engelkamp. Ineratec investiert rund 30 Mio. Euro in den Bau der neuen Anlage.
Wichtiger Treiber des Projekts war neben dem hessischen Verkehrsministerium das Kompetenzzentrum für Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr – kurz: CENA – , das Anfang 2020 vom Land Hessen gegründet wurde. „Innerhalb kurzer Zeit hat das CENA die wichtigsten Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft an einen Tisch gebracht, die technische Machbarkeit einer mittels Wasserstoffspeicherung erfolgenden Lastpufferung bei einem der Module der Pilotanlage für Power-to-Liquid prüfen lassen und Projektpartner für die Umsetzung eines entsprechenden Forschungsprojekts gefunden“, sagte Al-Wazir.
Schwankungen bei Strom aus Erneuerbaren abpuffern
Mit dem geplanten Bau der Pilotanlage im Industriepark Höchst hört das Engagement für Power-to-Liquid aus Hessen nicht auf: Hintergrund ist, dass synthetisches Kerosin nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz und CO2-Einsparung leistet, wenn es mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Bernhard Dietrich, Leiter des CENA: „Wir planen gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft ein Forschungsprojekt, das untersucht, wie diese Schwankungen bei der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien bei der Produktion des synthetischen Kerosins abgepuffert werden können. Dafür wird ein Teil der geplanten Pilotanlage im Industriepark Höchst genutzt. So können wir diese für die spätere industrielle Hochskalierung zentrale Fragestellung praxisnah untersuchen.“ Hessen unterstützt das Projekt mit bis zu 1,9 Mio. Euro als Kofinanzierung zur Bundesförderung. Eine entsprechende Projektskizze des Projekts „REPOSE“ wurde zur Förderung beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr empfohlen.
Hessen arbeitet an nationaler PtL-Strategie mit
Das hessische Verkehrsministerium hat in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, bei der Einwerbung von Fördermitteln des Bundes zu unterstützen, für die Kofinanzierung aus Landesmitteln zu sorgen sowie die bundesweite Strategiebildung zu alternativen Kraftstoffen im Luftverkehr für die Länder verantwortlich mitzugestalten. Im Mai 2021 wurde die nationale Roadmap für Power-to-Liquid von Verkehrsminister Al-Wazir mit unterzeichnet. Ebenso hatte Hessen federführend die Stellungnahmen des Bundesrats zum EU-Klimaschutz-Paket „EU fit for 55“ rund um das Thema Luftverkehr erarbeitet. „Wir setzen auf den Zweiklang aus Klimaschutz im Luftverkehr sowie wettbewerbsfähigen Lösungen für die Branche“, sagte Al-Wazir. Auch durch das Engagement und die Mitarbeit Hessens an der PtL-Roadmap sei dieser Grundsatz in die bundesweite Strategie für strombasierte Kraftstoffe im Luftverkehr aufgenommen worden.
Für den Luftverkehr gilt in Deutschland von 2026 an eine verpflichtende Mindestquote in Höhe von 0,5 Prozent für erneuerbare, strombasierter Kraftstoffe. Bis 2030 wird diese PtL-Mindestquote schrittweise auf zwei Prozent erhöht. „Wir sind zuversichtlich, dass der dringend benötigte Markthochlauf für synthetisches Kerosin gelingen wird. Unsere hessische Pilotanlage und unsere begleitenden Forschungsprojekte werden einen wichtigen Beitrag hierzu leisten“, sagte Al-Wazir. Parallel werde mit anderen Unternehmen an weiteren Anlagenprojekten gearbeitet, die andere Technologiepfade zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien verfolgen. „Unser Ziel ist es, Hessen als Pionierland auf diesem Gebiet zu etablieren.“