Frau steht mit Klapprad vor einer S-Bahn

Mobilität in Deutschland - Regionale Auswertung für Hessen

Das hessische Wirtschafts- und Verkehrsministerium beauftragt seit 2002 regionale Aufstockungen der Untersuchung "Mobilität in Deutschland" (MiD). 2020 erfolgte eine Sondererhebung zur Mobilitätswirkung von Corona (Mobicor-Studie).

Die Untersuchungen im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr werden von infas, Bonn, durchgeführt. Zusammen mit dem Land Hessen, vertreten durch das hessische Verkehrsministerium, haben folgende Institutionen aus Hessen die Aufstockung mitfinanziert (2017 und 2023):

  • Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement,
  • ivm GmbH,
  • Rhein-Main Verkehrsverbund GmbH,
  • Regionalverband FrankfurtRheinMain,
  • Magistrat der Stadt Fulda,
  • Nordhessischer Verkehrsverbund, Verkehrsverbund und Fördergesellschaft Nordhessen mbH,
  • Kasseler Verkehrsgesellschaft AG,
  • Lokale Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH traffiQ,
  • Magistrat der Stadt Offenbach am Main,
  • Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt,
  • Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (nur 2017).

Im Rahmen der MiD wurden 2017 in Hessen 36.485 Personen aus 18.087 Haushalten zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Dabei wurden über 110.000 Wege erfasst. Die Ergebnisse wurden mit den Untersuchungen aus den Jahren 2002 und 2008 verglichen. Die MiD 2023 befindet sich aktuell in der Erhebungsphase.

Wichtige Mobilitätskennzahlen für Hessen insgesamt sind:

  • 85 % der Menschen in Hessen sind täglich mobil (leichte Abnahme gegenüber 2002 und 2008). Die Mobilitätsquote nimmt zu, je urbaner das Umfeld ist – die höchsten Quoten werden in der Metropole (diese Raumkategorie ist in Hessen nur durch Frankfurt besetzt) bzw. Zentren in ländlichen Räumen erreicht.
  • Es werden pro Tag 3,2 Wege pro Person zurückgelegt (leichte Abnahme gegenüber 2002 und 2008). Die Zahl der Wege steigt mit ökonomischen Status des befragten Haushalts bzw. Tätigkeit – hier liegen die Teilzeitbeschäftigten (3,9 Wege) noch vor Vollzeitbeschäftigten.
  • Die Tagestrecke liegt 2017 bei 40 km und hat sich somit von 34 km (2002) über 37 km (2008) weiter verlängert.
  • Die Menschen sind mit 1:21 h pro Tag auch länger unterwegs als 2002 (1:13 h) und 2008 (1:17 h).
  • Je geringer der ökonomische Status eines Haushalts, desto eher wird gelaufen, das Rad oder der ÖPNV genutzt (niedriger Status 48 %, hoher Status 43 %), nach Tätigkeit ist die Nahmobilität vor allem Mobilität junger Menschen (Schüler, Auszubildende, Studierende), aber auch von nicht Berufstätigen oder Rentnern.
  • Nach Geschlechtern differenziert nutzen 59 % der Männer das Auto als Hauptverkehrsmittel und 56% der Frauen – allerdings sind darin 18 % mitfahrende Frauen, aber nur 10 % Männer als Mitfahrer enthalten.
  • Je urbaner das Umfeld, desto mehr Freizeitwege (Begleitung, Freizeit, Erledigung, Einkauf) werden zurückgelegt.
Im Modal Split kann festgehalten werden, dass dieser – bezogen auf Hessen insgesamt – dem des Bundes sehr ähnlich ist.
 

Bund 2017
(in %)

Hessen 2017
(in %)
Hessen 2008
(in %)
Hessen 2002
(in %)
ÖV 10 11 10 9
MIV-Mitfahrer 14 14 15 17
MIV-Fahrer 43 43 41 44
Fahrrad 11 8 7 7
Zu Fuß 22 24 27 24

Im Vergleich zu den Flächenländern sorgt die hessische Topographie offenbar für einen leicht unterdurchschnittlichen Anteil des Radverkehrs, während der ÖV-Anteil am oberen Ende der erreichten Anteile liegt. Das zu Fuß gehen ist in Hessen etwas stärker verbreitet als in anderen Flächenländern. Vergleicht man die Stadtstaaten mit der Metropole Frankfurt, ist der dortige Modal Split mit dem der Stadtstaaten vergleichbar: In Frankfurt erreicht das Rad einen Anteil von 16 %, der Fußverkehr einen Anteil von 32 % und der ÖV einen Anteil von 24 % (zum Vergleich Berlin: ÖV 25 %, Radverkehr 15 %, Fußverkehr 27 % bzw. Hamburg ÖV 22 %, Radverkehr 15 %, Fußverkehr 27 %).

Große Unterschiede in Metropole und ländlichem Raum

Allerdings darf bei der Betrachtung dieser Zahlen nicht vergessen werden, dass sie sich auf die Zahl der Wege beziehen – betrachtet man die Verkehrsleistung, so erreichen ÖPNV, Rad- und Fußverkehr in Hessen 2017 einen Anteil von 25 % der erbrachten Verkehrsleistung – in der nach Raumkategorien betrachteten Analyse erreicht die Kombination aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr in der Metropole 43 % der Verkehrsleistung und in dörflichen Strukturen ländlicher Räume nur 13 %. Am höchsten ist der kombinierte Anteil in den zentralen Städten ländlicher Regionen (das sind Fulda, Marburg, Gießen und Wetzlar) mit rd. 45 % - hier erbringt allein der ÖPNV fast 40 % der Verkehrsleistung. Entsprechend wird der ÖPNV auch in der Metropole (Frankfurt), den Großstädten (Darmstadt, Kassel, Offenbach, Wiesbaden) sowie den zentralen Städten der ländlichen Räume (Gießen, Marburg, Wetzlar) deutlich öfter benutzt als in den ländlichen Räumen – in den drei genannten urbanen Kategorien liegt die regelmäßige Nutzung (mindestens wöchentliche ÖPNV-Nutzung) bei 56 Prozent, 43 Prozent bzw. 27 Prozent.

Je älter, desto weniger ÖPNV - jedoch weiterhin regelmäßiges Fahrradfahren

Bei der regelmäßigen Nutzung der Verkehrsmittel lässt sich festhalten, dass diese in Hessen insgesamt der in Deutschland entspricht – untergliedert nach den Raumkategorien, zeigt sich eine deutlich erhöhte Pkw-Nutzung in den ländlichen Regionen sowie im Stadtumland. Männer nutzen das Auto häufiger als Frauen und bei den Altersgruppen im Erwerbsalter (von 30-64 Jahre) ist die Pkw-Nutzung höher als in den jüngeren bzw. älteren Gruppen. Entsprechend stark ist die Nutzung des ÖPNV in allen urbanen Raumkategorien, also in der Metropole ebenso wie in den Regiopolen und den Zentren im ländlichen Raum – hier zeigt sich vermutlich, dass die Angebotsdichte ein wesentlicher Faktor ist, der auch die Nutzungsintensität bestimmt.

Interessant ist auch, dass die Schülerinnen und Schüler die intensivsten Nutzer des ÖPNV sind (weil das Auto in dieser Altersgruppe noch keine Alternative ist), sich die Nutzungsintensität mit dem Lebensalter jedoch immer weiter reduziert. Hingegen sind die regionalen Unterschiede in der Fahrradnutzung nicht so groß wie beim Auto oder dem ÖPNV. Bei den Altersgruppen ist der Effekt ähnlich wie beim ÖPNV – die Nutzung des Fahrrads ist in der Jugend am intensivsten und lässt dann nach: Allerdings bleibt der Anteil derjenigen, die das Rad täglich oder bis zu drei Mal in der Woche nutzen zwischen 30-74 Jahren (!) mit je rund 30 % je Altersklasse überraschend stabil – d.h. Personen, die das Fahrrad sehr regelmäßig nutzen, tun dies häufig bis ins hohe Anteil; ab 65 Jahren sinkt zuerst der Anteil der Menschen, die das Rad nur gelegentlich nutzen. Die Intensität der Fahrradnutzung steigt zudem mit dem sozialen Status der Befragten. Beim Zu-Fuß-Gehen gilt, dass die jüngste Altersgruppe den höchsten Anteil stellt und dass das Laufen an Bedeutung gewinnt, je urbaner das Umfeld ist.

Für Verkehrswende verschiedene Verkehrsmittel besser kombinieren

Mit Blick auf eine Verkehrswende kommt der Multimodalität eine besondere Bedeutung zu – dies ist die Kombination verschiedener Verkehrsmittel im Wochenverlauf (eine Analyse der Nutzung der unterschiedlichen Verkehrsmittel auf einem Weg ist an Hand der vorliegenden Daten nicht möglich). Auch hier gilt, dass Kombination im Wochenverlauf unter Nutzung des Umweltverbundes v.a. in urbanen Räumen zu finden sind– auch Personen, die ihre Mobilität ausschließlich mit ÖPNV und/oder Rad abwickeln, finden sich nur in den urbanen Räumen.

Neben der Multimodalität spielt für die Verkehrswende auch die Annahme eine Rolle, dass die Mobilität „digitaler“ wird, also digitale Hilfsmittel eine gewisse Bedeutung bei Planung und Abwicklung der Mobilität haben, auch um verschiedene Verkehrsmittel miteinander zu kombinieren. Bislang lässt sich nur nachweisen, dass mobile Endgeräte vor allem genutzt werden, um Routen zu planen (im ÖV wie im IV) bzw. um Fahrkarten zu kaufen.

Mobilität während und nach der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat die Mobilität in Hessen nicht nur während des Lock-Downs deutlich reduziert, sondern es werden auch mittel- bis langfristige Wirkungen erwartet. Deshalb hat sich das HMWEVW an der Mobicor-Studie beteiligt, in der Fragen zur Alltagsmobilität, dem Befinden in der Zeit von Ausgangsbeschränkungen, Maskenpflicht und neuen Routinen sowie den Auswirkungen des 9-Euro-Tickets nachgespürt werden. Die Ergebnisse sind durch die gleichen Auftragnehmer methodisch kompatibel zu den regulären Erhebungen zur „Mobilität in Deutschland“ und wurden in vier Befragungswellen in 2020,  2021 und 2022 erhoben. Die Ergebnisse aus allen vier Befragungswellen stehen zum Download bereit.

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