Die Landesregierung plant, mehr Mieterinnen und Mieter als bislang vor Preissprüngen bei der Miete zu schützen. Zudem soll der Kündigungsschutz vor Eigenbedarfskündigungen für Mieterinnen und Mieter, deren Wohnung verkauft wird, in deutlich mehr Städten und Gemeinden als bislang gelten und zudem ausgeweitet werden. „Der Druck auf den Wohnungsmarkt vor allem im Rhein-Main-Gebiet ist immer noch hoch. Deshalb stärken wir die Rechte der Mieterinnen und Mieter, damit sie sich gegen übertriebene Mietsteigerungen wehren können“, sagte Wirtschafts- und Wohnungsbauminister Tarek Al-Wazir am Freitag in Wiesbaden. „Nach der Mietpreisbremse, die Preissprünge bei Neuvermietungen begrenzt, sollen auch Mieterhöhungen bei bestehenden Verträgen in mehr Städten und Gemeinden als bislang auf maximal 15 Prozent in drei Jahren gedeckelt werden.“
Das Kabinett hat einen entsprechenden Verordnungsentwurf zur Bestimmung der Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze gebilligt. Die Verordnung regelt, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete innerhalb von drei Jahren statt um 20 Prozent lediglich um 15 Prozent steigen darf. „Und auch diese Erhöhung müssen die Mieterinnen und Mieter nur akzeptieren, wenn die Miete auch nach der Erhöhung noch unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt“, so der Minister. „Damit verhindern wir einen unkontrollierten Anstieg der Mieten.“
Statt in bislang 29 Städten und Gemeinden gilt der Mieterhöhungsdeckel (Kappungsgrenze) künftig in 31 Städten und Gemeinden. Der erweiterte Geltungsbereich beruht auf einem Gutachten des Instituts Wohnen und Umwelt, das die Wohnungsmärkte im Auftrag der Landesregierung anhand objektiver Kriterien wie beispielsweise der Mietpreisentwicklung oder der Leerstandsquote überprüft hat, sowie einer qualifizierten Selbsteinschätzung der Gemeinden. Er ist damit identisch mit dem Geltungsbereich der neuen Mietpreisbremse und geht über die bislang bestehende Regelung hinaus.
Neben dem verbesserten Schutz vor Mieterhöhungen plant die Landesregierung auch, die so genannte Kündigungssperrfrist zu verlängern und für deutlich mehr Städte und Gemeinden anzuwenden.
Die Kündigungssperrfrist schützt Mieterinnen und Mieter vor kurzfristigen Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen. „Wer eine vermietete Wohnung in einem angespannten Gebiet kauft, muss wissen, dass er gegen den Willen der Mieter die Wohnung nicht kurzfristig selbst beziehen kann“, so der Minister. „Auch das ist ein Instrument, um den Bestand an Mietwohnungen zu schützen.“
Bislang können Käufer einer bewohnten Immobilie in angespannten Wohnungsmärkten frühestens nach fünf Jahren wegen Eigenbedarfs oder der Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung kündigen. Dazu zählen beispielsweise Kündigungen, damit eine Wohnung umfassend saniert werden kann oder Kündigungen, weil die bisherige Nutzung unrentabel ist und daher das Gebäude umgestaltet oder abgerissen und neu errichtet werden soll. Ab voraussichtlich Mitte Oktober soll die Kündigungssperrfrist auf acht Jahre erhöht werden. Auch der Geltungsbereich soll von derzeit 9 Kommunen auf 31 Kommunen ausgeweitet werden.
Al-Wazir: „Wir haben jetzt klare Spielregeln. Und wir vereinheitlichen deren Anwendung. In allen 31 Städten und Gemeinden in Hessen mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt dann eine Mietpreisbremse beim Wohnungswechsel, ein Mieterhöhungsdeckel bei bestehenden Mietverträgen und ein verlängerter Schutz vor Kündigung wegen Eigenbedarfs oder der Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung.“
Überblick: Instrumente zum Schutz der Mieterinnen und Mieter:
„Ich werde mich nicht damit abfinden, dass es für eine junge Familie in Frankfurt, für die Polizistin in Darmstadt oder den Erzieher in Kassel immer schwieriger wird, die Miete zu stemmen. Wer derzeit besonders im Rhein-Main-Gebiet eine Wohnung sucht, kann davon ein Lied singen. Deshalb haben wir den Schutz der Mieterinnen und Mieter verbessert und werden dies auch weiter tun.“
1. Mietpreisbremse beim Umzug (umgesetzt)
Um die Chancen von Normalverdienern auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern, wurde die Mietpreisbremse in Hessen deutlich ausgeweitet. Sie gilt seit dem 28. Juni 2019 in 31 Städten und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt. Damit fallen nicht nur fast doppelt so viele Städte und Gemeinden unter die Mietpreisbremse, sondern sie umfasst zukünftig auch erstmals die kompletten Stadtgebiete von Frankfurt, Wiesbaden, Kassel, Darmstadt und Bad Homburg, in denen früher einzelne Stadtteile von der Mietpreisbremse ausgenommen waren.
2. Mietpreisdeckel bei bestehenden Verträgen: (in der Umsetzung)
Auch Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen sollen weiter gedeckelt werden – auch wenn der angespannte Wohnungsmarkt grundsätzlich noch größere Preissprünge hergeben würde. Deshalb sollen Mieterhöhungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt auf maximal 15 Prozent in drei Jahren begrenzt bleiben.
3. Ausweitung der Kündigungssperrfrist auf 8 Jahre (in der Umsetzung)
Wenn die Wohnung, in der man wohnt, verkauft wird, führt das fast immer zu Unsicherheit. Vor allem, wenn der neue Besitzer selbst dort einziehen will. Den Schutz der Mieter vor Kündigungen in solchen Fällen wollen wir verbessern, und dafür den Kündigungsschutz in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt von fünf auf acht Jahre erhöhen.
4. Schutz vor kalter Entmietung (Vorbereitungen laufen)
Auch das kommt vor: Immobilienspekulanten kaufen Mietwohnungen oder ganze Mietshäuser, versuchen die Mieter aus der Wohnung zu bekommen, um die Wohnung anschließend in eine Eigentumswohnung umzuwandeln und dann teuer zu verkaufen. Dieses Geschäftsmodell wollen wir unterbinden. Dazu wollen wir den Städten mit besonders betroffenen Gebieten die Möglichkeit geben, solche Umwandlungen zu unterbinden. Kalte Entmietungen lohnen dann nicht mehr. Diese Verordnung wollen wir in diesem Jahr auf den Weg bringen.
5. Geförderte Wohnungen nur für Mieter, die wirklich Förderung brauchen (umgesetzt)
Geförderte Wohnungen sollen den Menschen zur Verfügung stehen, die sonst große Schwierigkeiten haben, normale Mieten zu stemmen. Wer später mehr verdient, aber trotzdem weiter eine geförderte Wohnung belegt, wird nicht zum Auszug gezwungen, aber muss dafür eine Fehlbelegungsabgabe zahlen. Dieses Geld fließt dann direkt zurück in neue geförderte Wohnungen.
„Wir wissen, dass es sich dabei um teils erhebliche Eingriffe ins Eigentumsrecht der Vermieterinnen und Vermieter handelt. Aber angesichts der momentanen Situation sind auch rechtliche Eingriffe im sogenannten Bestandsmarkt nötig. Wir wollen Stadtstrukturen erhalten und verhindern, dass immer mehr Menschen wegen weiter steigender Mieten aus ihren Quartieren verdrängt werden, in denen sie teils seit Jahrzehnten wohnen und die sie auch mitgeprägt haben“, so der Minister. „Aber richtig ist auch, dass solche rechtlichen Eingriffe in den Markt der bestehenden Wohnungen nur kurz- und mittelfristig helfen, und es ist völlig klar, dass langfristig nur eines hilft: Wir brauchen zusätzliche Wohnungen. Wir wollen niemanden davon abhalten, in den Neubau von Wohnungen zu investieren. Genau deshalb sind beispielsweise richtigerweise Neubauten beim Erstbezug und Wohnungen nach umfangreichen Sanierungen und Modernisierungen von der Mietpreisbremse ausgenommen. Und es bleibt auch dabei: Im Bereich des geförderten Wohnraums wird kein Projekt an fehlendem Geld scheitern. Das Land wird bis 2024 die Rekordsumme von 2,2 Milliarden Euro bereitstellen.“
Hier sollen die Regeln zum ausgeweiteten Mieterschutz in Hessen gelten:
- Bad Homburg vor der Höhe,
- Bad Soden am Taunus,
- Bad Vilbel,
- Bischofsheim,
- Darmstadt,
- Dreieich,
- Egelsbach,
- Eschborn,
- Flörsheim am Main,
- Frankfurt am Main,
- Ginsheim-Gustavsburg,
- Griesheim,
- Hattersheim am Main,
- Heusenstamm,
- Hofheim am Taunus,
- Kassel,
- Kelkheim (Taunus),
- Kelsterbach,
- Kiedrich,
- Langen (Hessen),
- Marburg,
- Mörfelden-Walldorf,
- Nauheim,
- Nidderau,
- Obertshausen,
- Oberursel (Taunus),
- Offenbach am Main,
- Raunheim,
- Schwalbach am Taunus,
- Weiterstadt und
- Wiesbaden.