Seit 2014 hat die Erzeugung erneuerbarer Energien in Hessen kräftig zugenommen. Der ab 2017 zu verzeichnende Einbruch beruht im Wesentlichen auf der missglückten EEG-Novelle des Bundes, die in diesem Jahr erstmals griff. Diese Novelle sollte die Kosten der Energiewende vermindern. Dazu wurde zum einen der jährliche Ausbau der erneuerbaren Energien durch das Auktionsverfahren begrenzt und zum anderen wurden die Betreiber von EEG-Anlagen verpflichtet, ihren Strom direkt zu vermarkten. Daher waren alle Antragsteller bemüht, ihre Genehmigung noch bis zum 31.12.2016 zu erhalten, um nicht an den ab 2017 eingeführten, noch für die Branche unbekannten und unkalkulierbaren Ausschreibungen teilzunehmen. Dies wirkte sich in der Folge auf zweifache Weise aus: Erstens wurden viele Projekte vorgezogen, um noch das Jahr 2016 zu erreichen, das deshalb ein Jahr mit einer außergewöhnlich hohen Zahl an Genehmigungen wurde. Zweitens führte die Umstellung auf neue Regeln zu einer Verunsicherung der Branche, und die Regeln führten dazu, dass am Anfang viele Anlagen den Zuschlag erhielten, die nicht realisiert wurden. Beides zusammen resultierte in dem krassen Einbruch des Jahres 2017. Hessen konnte sich diesen vom Bund gesetzten Rahmenbedingungen nicht entziehen.
Für jedes Windrad, das gebaut werden soll, muss eine Genehmigung vorliegen. Hierfür wiederum gibt es gesetzliche Vorgaben, deren Einhaltung von den Genehmigungsbehörden – in Hessen sind das die drei Regierungspräsidien in Kassel, Gießen und Darmstadt – genau geprüft werden müssen. Es geht zum Beispiel darum, ob das Windrad Auswirkungen auf Mensch und Natur hat, ob Abstandsregeln zu Wohnsiedlungen eingehalten werden oder ob es zu hohe Lärmbelästigungen gibt oder es zu Schattenwurf kommt. Um zu prüfen, ob das Windrad gebaut und in Betrieb genommen werden darf, müssen umfangreiche Unterlagen eingereicht werden. Es kommt oft vor, dass diese nicht vollständig sind und die Behörde, solange die Unterlagen nicht vollständig vorliegen, den Bau nicht weiter prüfen kann. Das verzögert nicht nur die Genehmigung, sondern auch den Bau selbst.
Bei Windparks mit mehr als 20 Windrädern muss immer eine so genannte Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen. Oft entscheiden sich die Projektierer und Projektiererinnen aber auch bei weniger Windrädern freiwillig für eine solche Prüfung. Das Land rät daher bereits seit längerem, dass eine solche Umweltverträglichkeitsprüfung nur durchgeführt werden sollte, wenn sie wirklich, also rechtlich, notwendig ist. Die Vorranggebiete für Windenergie sind ja bereits darauf geprüft worden, ob sie in Sachen Natur- und Artenschutz generell geeignet sind.
Eine weitere Verzögerung kann entstehen, wenn Bürgerinnen und Bürger oder Verbände den Bau eines Windrads ablehnen und dagegen klagen. In Hessen wird leider aktuell gegen 75 Prozent der Genehmigungsbescheide für Windenergieanlagen geklagt. Vom Eingang der Klage bis zur Entscheidung vergehen oft mehrere Jahre, bei einer Berufung kommt es zu weiteren Verzögerungen. In dieser Zeit kann selbst bei einer genehmigten Anlage nicht mit dem Bau begonnen werden. Die meisten Klagen bleiben erfolglos, verzögern aber den Ausbau der Windenergie erheblich.
Hinzu kommt, dass möglicherweise nach einigen Jahren die beantragten Anlagentypen veraltet sind, sodass eine Änderungsgenehmigung beantragt werden muss. Wir haben das mal ausgerechnet: Wenn alle momentan beklagten Anlagen laufen würden, könnten sie die ganze Stadt Wiesbaden mit Strom versorgen.
Darum haben wir jetzt neue Richterstellen geschaffen, damit beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein neuer Senat eingerichtet werden kann, der sich nur um Verfahren rund um die Genehmigung von Windenergieanlagen kümmert. Damit werden hoffentlich viele Verfahren deutlich schneller abgeschlossen werden können.