Youtube Video: Warum klimarelevante Ausbildungsberufe wichtig sind - Mit Klimaexperte und Moderator Thomas Ranft

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Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum

Al-Wazir und Dr. Martin stellen neue Instrumente zur Fachkräftesicherung vor

Praktikumswochen, Energiewende-Heldinnen und -Helden, Bildungspunkte

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Die Folgen der demografischen Entwicklung für den Arbeitsmarkt und die Veränderungen der Arbeitswelt durch die Transformation der Wirtschaft machen neue Wege in der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie eine enge Zusammenarbeit bei der Fachkräftesicherung in Hessen notwendig.

Dies betonten Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und der Geschäftsführer der Regionaldirektion Hessen (RDH) der Bundesagentur für Arbeit, Dr. Frank Martin, am heutigen Freitag in Wiesbaden: „Für einen starken Wirtschaftsstandort brauchen wir in Hessen ausreichend Fachkräfte. Der Wettbewerb um die Fach- und Arbeitskräfte hat längst begonnen. Darum wollen wir nicht nur mehr junge Menschen für die Ausbildung begeistern, sondern auch für Weiterbildung und Qualifizierung mobilisieren. Und wir wollen bewusst heute nochmal dazu aufrufen: Heute ist der letzte Schultag, sehr viele Jugendliche haben ihr Zeugnis in der Hand, aber noch keinen Ausbildungsplatz. Es ist noch nicht zu spät!“

2.000 Ausbildungsplätze unbesetzt

Derzeit sind noch rund 16.000 bei den Agenturen für Arbeit in Hessen gemeldete Ausbildungsplätze unbesetzt. Insgesamt gibt es laut Bundesagentur für Arbeit rund 2.000 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber weniger als gemeldete verfügbare Ausbildungsstellen. Das IWAK der Goethe-Universität Frankfurt (2023) prognostiziert für Hessen bis 2028 eine Lücke von rund 180.000 Fachkräften, drei Viertel davon sind Fachkräfte mit einer Berufsausbildung, ein Viertel akademisch Qualifizierte.

„Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Aber die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber auf Ausbildungsplätze liegt deutlich unter dem Niveau vor der Coronapandemie. Aktuell sind noch viele Stellen offen“, sagte Wirtschaftsminister Al-Wazir. „Darum intensivieren wir unsere Angebote der Berufsorientierung und setzen zugleich einen Schwerpunkt auf Ausbildungsberufe, die durch den Wirtschaftswandel in Zukunft besonders nachgefragt werden. Und klar ist, dass auch für 2023 noch was geht: Es ist nicht zu spät, um sich für einen Ausbildungsplatz zu bewerben.“ 

Der Wettbewerb um die Fach- und Arbeitskräfte hat längst begonnen. Darum wollen wir nicht nur mehr junge Menschen für die Ausbildung begeistern, sondern auch für Weiterbildung und Qualifizierung mobilisieren.

Tarek Al-Wazir Hessischer Wirtschaftsminister

Mit der hessenweiten Praktikumswoche wird es ab 2024 ein flächendeckendes Angebot für Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse geben: Sie können an fünf Tagen unterschiedliche Unternehmen und Berufe kennenlernen.

Das Land Hessen finanziert den Aufbau einer zentralen Online-Vermittlungsplattform, die den Jugendlichen bei der Suche hilft. „Die freiwillige Praktikumswoche ist ein Gewinn für beide Seiten: In kurzer Zeit bekommen Schülerinnen und Schüler einen Eindruck von gleich mehreren Betrieben und Berufen. Die Unternehmen wiederum können frühzeitig Kontakt zu zukünftigen Auszubildenden knüpfen“, sagte Al-Wazir. „Vor Ort und direkt im Gespräch: Das ist die beste Form der Berufsorientierung.“

Die Praktikumswoche ist für die jungen Menschen freiwillig und kann in den Sommerferien oder nach Absprache mit der jeweiligen Schule auch in den drei Wochen vor den Sommerferien absolviert werden.

Heldinnen und Helden für die Energiewende gesucht

„Die Unternehmen müssen digitaler werden und zugleich energie- und ressourcenschonender und klimaneutral wirtschaften. Dafür benötigen sie qualifizierte Fachkräfte“, sagte Al-Wazir. 2023 etwa investieren das Land Hessen und die RDH, unterstützt vom Europäischen Sozialfonds, insgesamt 1,9 Mio. Euro in die Berufsorientierung der sogenannten MINT-Fächer. Zusätzlich werden 2023 erstmals die Energiewendeheld:innen der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt gefördert. „In vier unterschiedlichen regionalen Projekten werden Jugendliche an klimarelevante Berufe ganz praktisch herangeführt“, so Al-Wazir. „Wer an einer Wärmepumpe oder Solarstation mitgebaut hat, kann viel besser beurteilen, ob ihnen Elektro- und Wärmetechnik oder Metallbau liegt.“

Ab 2024 soll der Ansatz der Energiewendeheldinnen und Energiewendehelden gemeinsam mit der Landesenergieagentur fortgeführt und ausgebaut werden.

„Es gibt mehr als 300 unterschiedliche Ausbildungsberufe. Trotzdem entscheiden sich die meisten jungen Menschen für Bürokommunikation, Kfz-Mechatronik oder Verkauf. Das zeigt: Berufsorientierung und Informationen, die die Zielgruppe auch erreichen, sind das A und O“, sagte Al-Wazir und verwies auf die Kampagne „VonAzuB“ Öffnet sich in einem neuen Fensterdes Landes Hessen. Aktuell wird eine neue Suchmaschine für Ausbildungsplätze aufgebaut, die die Suche nach offenen Ausbildungsplätzen bündelt, so dass die Information über die duale Ausbildung und offene Ausbildungsstellen miteinander kombiniert werden können.

„Wir wollen Ausbildungsmöglichkeiten für die Jugendlichen sichtbar und auffindbar machen. Der Pool an offenen Ausbildungsstellen wächst täglich, es ist aber noch Luft nach oben: Wichtig ist, dass wir möglichst viele lokale oder thematisch begrenzte Lehrstellenbörsen integrieren“, appellierte Minister Al-Wazir an die Partner des Bündnisses für Ausbildung, die dieses neue Angebot explizit gewünscht haben und nun auch den Zugriff auf die ohnehin öffentlich zugänglichen Stellen-Daten ermöglichen müssen.

Zum Stichtag 30.6.2023 waren insgesamt 12.250 Ausbildungsverhältnisse bei den zehn hessischen IHKs eingetragen, 715 mehr als im Vorjahr (+6,2 Prozent).

Bei den hessischen Handwerkskammern waren es zum gleichen Stichtag 4.507 Lehrverträge, 260 mehr als im Vorjahr (+6,1 Prozent).

Trotz des leichten Plus gegenüber dem Vorjahr bleibt die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse weiterhin hinter dem Vor-Corona-Niveau zurück.

Laut Bundesagentur für Arbeit stehen 30.220 Bewerberinnen und Bewerbern insgesamt 32.431 Ausbildungsplätzen gegenüber.
Zum Vergleich: Im Jahr 2019/2020 waren es noch 34.309 Bewerberinnen und Bewerber.

Berufliche Weiterbildung als Schlüssel für Fachkräftesicherung

Laut Dr. Frank Martin von der RDH der Bundesagentur für Arbeit gehen in den nächsten zehn Jahren in Hessen perspektivisch allein aus den Engpassberufen rund 330.000 Fachkräfte in Rente. „Dies betrifft eine Vielzahl von Branchen: vom Tiefbau über medizinische Berufe bis hin zu Verkaufsberufen im Lebensmittelhandel. Aber auch Steuerberatungen oder das Sanitärhandwerk haben aktuell einen hohen Anteil von Beschäftigten, die 55 Jahre und älter sind. Es ist jetzt schon absehbar, dass die entstehenden Personallücken nicht mehr allein durch Ausbildung – ob aus Schule oder Hochschule – aufgefüllt werden können.“ 

Das Potenzial inländischer Arbeitskräfte aber ist hoch: So haben zwei Drittel aller hessischen Arbeitslosen keinen Berufsabschluss und rund 12 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hessen sind ungelernt. „Es lohnt sich, mit diesen Menschen über Qualifizierung zu sprechen. Deswegen wollen wir in Hessen das flächendeckende, niedrigschwellige Beratungsangebot für Weiterbildung ergänzen. Diese Bildungspunkte wollen wir als Bundesagentur für Arbeit nicht alleine betreiben, sondern wir laden alle regionalen Akteure ein mit uns diese Aufgabe anzugehen. Gemeinsam beraten und gemeinsam Menschen auf ihrem Qualifizierungsweg begleiten und dadurch nachhaltige Bildungsbiografien zu ermöglichen, ist eine lohnenswerte Aufgabe.“

Bildungscoaches beraten zu Weiterbildung und Qualifizierung

Das Land Hessen finanziert gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) bereits seit Jahren mit den Bildungscoaches ein niedrigschwelliges Beratungsangebot in ganz Hessen und nimmt dafür jährlich rund 1,1 Mio. Euro in die Hand. Insgesamt 15 Bildungscoaches sind in 12 Bezirken der Arbeitsagentur Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für Beschäftigte und Unternehmen, die Fragen zum Thema Weiterbildung und Qualifizierung haben. Zusätzlich gehen sie in die Unternehmen, beraten vor Ort und begleiten sowohl Beschäftigte als auch den Betrieb während der Qualifizierungsmaßnahmen.

„Wir arbeiten hier eng mit den Arbeitsagenturen zusammen. Darum begrüße ich die geplanten Bildungspunkte ausdrücklich. Letztlich geht es darum, dass wir viele Unternehmen und ihre Beschäftigten erreichen – bei steigender Nachfrage“, so Al-Wazir. „Darum haben wir die Finanzierung der Bildungscoaches für die kommenden Jahre gesichert, mindestens bis Ende der ESF-Förderperiode 2028.“

Strategie und Förderung

In Hessen gibt es bereits die landesweite Strategie OloV, die maßgeblich zum Gelingen des Übergangs Schule-Beruf und damit zur Berufsorientierung beiträgt. Die 28 OloV-Regionen, entsprechend den Gebietskörperschaften des Landes Hessen (Landkreise und kreisfreie Städte sowie Fulda und Hanau), arbeiten vor Ort mit den am Übergang Beteiligten – Schulkoordinatoren, Kammern, Agenturen für Arbeit etc. – eng zusammen, um den Einstieg Jugendlicher in ihre berufliche Zukunft ohne unnötige Umwege, Abbrüche und Warteschleifen erfolgreich zu gestalten. Die OloV-Regionen dienen als Vorbild für die regionale Einteilung der Praktikumswochen und deren Expertise wird bei der Ansprache von Unternehmen und Schülerschaft sowie Marketing genutzt.

Das Land Hessen zahlt Zuschüsse an Betriebe, die Hauptschulabsolventinnen und -absolventen direkt nach Schulabgang als Auszubildende einstellen. Dafür hat das Land in diesem Jahr 2,5 Mio. Euro bereitgestellt. Die Firmen erhalten dabei einen Zuschuss von 50 Prozent der Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr und 25 Prozent im zweiten Jahr. 2022 haben rund 340 Ausbildungsbetriebe an dem Programm teilgenommen, 2023 sind 333 Anträge eingegangen.

Das Programm „Wirtschaft integriert“ richtet sich an Personen, die noch nicht genug Deutsch sprechen, um eine Ausbildung ohne Hilfe zu absolvieren (Ausgangsniveau mindestens A2 – B1). In mehreren Schritten werden sie auf ihrem Weg zum Berufsabschluss und beim Spracherwerb unterstützt. An dem Programm können junge Menschen unabhängig von Staatsangehörigkeit und Herkunft teilnehmen. Dies gilt auch für Asylbewerber und Asylbewerberinnen sowie für geduldete Personen, sofern ihnen kein Arbeitsverbot erteilt wurde. Seit dem Start vor sieben Jahren haben rund 9.300 Personen teilgenommen. Rund 1.050 Teilnehmende haben bisher während der Projektteilnahme eine Abschlussprüfung abgelegt, wovon über 800 Teilnehmende die Abschlussprüfung bestanden haben (knapp 80 Prozent).