Mehrere Personen stehen an einer Baustelle

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum

Bauen leicht gemacht: Minister Mansoori stellt Eckpunkte des Baupakets I vor

In mehreren Sitzungsrunden haben Bauexperten in der Kommission „Innovation im Bau“ seit Juni dieses Jahres gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium intensiv darüber beraten, das Bauen kostengünstiger, nachhaltig und innovativ zu gestalten. Insbesondere wurden übermäßig baukostensteigernde Vorschriften identifiziert und innovative Vorschläge für den Bürokratieabbau im Genehmigungsverfahren erarbeitet. Gleichzeitig wurden auch intelligente Lösungen vorgeschlagen, begrenzte Bauflächen bestmöglich nutzbar zu machen, um mehr lebenswerten und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Nun liegt das Eckpunktepapier vor, das am Montag an den Hessischen Wohnungsbauminister Kaweh Mansoori übergeben wurde. Auf einer Baustelle im Frankfurter Stadtteil Heddernheim überreichten die Mitglieder der Kommission das geschnürte Baupaket I mit 20 einzelnen Vorschlägen.

„Ich freue mich, dass die Übergabe hier stattfindet, wo 207 Wohnungen, 67 Stadthäuser und eine große Kindertagesstätte auf einem Areal, das früher gewerblich genutzt wurde, entstehen. Denn an diesem Ort sieht man, worum es der Landesregierung mit dieser Initiative geht. Wir wollen, dass mehr Menschen ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum finden“, sagte Minister Mansoori. „Bauvorhaben, wie das Projekt „An der Sandelmühle“ werden künftig sowohl verfahrensrechtlich und bautechnisch erleichtert. Damit bringen wir Schwung inden Wohnungsbau und nutzen Flächen optimal aus.“

Die Vorschläge der Kommission dienen dazu, Bauen unbürokratischer zu machen und Abläufe zu beschleunigen. Sie umfassen außerdem einfache Lösungen für die Umnutzung von Bestandsgebäuden, Dachausbauten, Aufstockungsvorhaben und vereinfachte Genehmigungsverfahren. „Das ist die gute Nachricht für jeden Häuslebauer in Hessen und für die Unternehmen der Bauwirtschaft. Das Baupaket I setzt die richtigen Impulse, damit die Bautätigkeit in unserem Bundesland neuen Schub bekommt“, betonte Mansoori. So werde das Bauen vereinfacht und beschleunigt, ohne das Sicherheitsniveau herabzusetzen.

Hessens Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz begrüßte die Arbeit der Kommission Innovation am Bau. „Wir haben uns vorgenommen, das Leben der Menschen in Hessen einfacher und unbürokratischer zu machen. Die nun vorgelegten Punkte zur Vereinfachung des Baurechts gehen exakt in diese Richtung. Die Vorschläge aus dem Expertenkreis kommen deshalb zur richtigen Zeit. Sie signalisieren, dass wir es ernst meinen mit der Entbürokratisierung und ich bin mir sicher, dass wir erst am Anfang einer ganzen Reihe von Maßnahmen zum Bürokratieabbau in Hessen stehen.“

Die Kommission habe es geschafft, innerhalb kurzer Zeit und mit großem Engagement wichtige Signale an die hessische Wirtschaft zu senden, erklärte der Vizepräsident der hessischen Unternehmerverbände, VhUThomas Reimann bei der Übergabe der Eckpunkte. „Wir brauchen mehr dieser Impulse für unser Bundesland, um innovativ handeln zu können. Die Politik hat in Hessen eine besondere Chance genutzt, um Synergien mit der Wirtschaft im Bau zukünftig zu heben.“

Daniela Matha, Geschäftsführerin der ABG FRANKFURT HOLDING erklärte: „Die vorgeschlagenen Maßnahmen bieten eine flexible und zukunftsfähige Grundlage für den Wohnungsbau in Hessen und darüber hinaus. Sie sind ein wichtiger Baustein, den steigenden Bedarf an Wohnraum zu decken.

Ich bin überzeugt, dass wir mit den in diesem Eckpunktepapier vorgeschlagenen Reformen, sofern es die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insgesamt zulassen, das Bauen in Hessen neu beleben können und somit schneller und effektiver als bisher den Wohnraum schaffen, den wir dringend brauchen.“

„Weniger Vorschriften, mehr Erleichterungen – das ist ein wichtiger Schritt, damit Bauen wieder schneller, einfacher und günstiger wird. Das Eckpunktepapier der Kommission enthält viele gute Vorschläge aus der Praxis. Welche Maßnahmen getroffen werden müssen, haben wir jetzt schwarz auf weiß“, stellte Kommissionsmitglied Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft fest. Nun sei es wichtig, am Ball zu bleiben und die Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren so auch in die Hessische Bauordnung zu übernehmen, damit mehr dringend benötigte bezahlbare Wohnungen in Hessen entstehen. Wirtschaftsminister Mansoori kündigte an, dass sein Ministerium auf Grundlage des Eckpunktepapiers die Modernisierung des Baurechts weiter vorantreiben werde.

Vorschläge Baupaket 1

Um den Vorstoß der Bundesregierung zum „Gebäudetyp E“ zu unterstützen, sollen in der HBO die bauordnungsrechtlichen Rahmen­bedingungen erleichtert werden. Durch die beabsichtigte Einführung einer „Innovationsklausel“ können bei Baumaßnahmen kostensparende und experimentelle Lösungskonzepte leichter umgesetzt werden. 

Änderungen und Nutzungsänderungen bestehender Dachgeschosse zu Wohnzwecken im unbeplanten Innenbereich sollen ohne Baugenehmigung erfolgen können. Gerade in Ortskernen, für die oftmals kein Bebauungsplan besteht, kann so schnell und unbürokratisch zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. 

Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen und die Aufstockung bestehender Gebäude sind effiziente Maßnahmen, durch die ohne Inanspruchnahme zusätzlicher Grundstücksflächen Wohnraum geschaffen wird. Um diese Potenziale unbürokratisch nutzen zu können, werden sowohl die bereits beschlossenen als auch die im Entwurf vorliegenden Vereinfachungen der Musterbauordnung zum Brandschutz übernommen und weitere, hessenspezifische Erleichterungen z.B. im Schallschutz geschaffen. Durch gesetzlich klar beschriebene Erleichterungen und reduzierte Bauteilanforderungen wird die Planungssicherheit erhöht und der Abstimmungs- und Genehmigungsaufwand reduziert.

Die Pflicht der Schaffung von Stellplätzen beim Dachgeschossausbau sowie der Umnutzung und der Aufstockung von bestehenden Gebäuden soll entfallen. Darüber hinaus soll bei der Errichtung von Neubauten für Wohnzwecke befristet bis zum 31.12.2030 auf die Verpflichtung der Schaffung von Stellplätzen verzichtet werden. Die Anwendungspraxis soll anschließend evaluiert werden. Dies ermöglicht eine flexiblere Gestaltung von Bauprojekten, senkt zugleich die Baukosten und dient damit auch der schnelleren Wohnraumschaffung.

Wenn in rechtmäßig bestehenden Gebäuden Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen in Wohnraum umgenutzt werden, sollen von nun an die bestehenden Anforderungen für Abstände, tragende Bauteile, Außenwände, Brandwände, Decken und Dächer gelten. Zudem wird die Anforderung an die lichte Raumhöhe für solche Umnutzungen auf 2,20 m reduziert. Dies erhöht die Planungssicherheit, vergünstigt die Umnutzung und reduziert den formalen Aufwand, da keine Abweichungsentscheidungen erforderlich sind. 

Für mehr Wohnraum in städtischen Gebieten können Grundstücke besser nachverdichtet werden. Die Reduzierung des abstandsflächenrechtlichen Mindestabstands zur Nachbargrenze von 3 m auf 2,5 m lässt mehr Grundstücksfläche für eine Bebauung zu und ist auch für den Brandschutz ausreichend. 

Um mehr Grundstücksfläche als Wohnfläche ausnutzen zu können, wird die Verpflichtung zur Errichtung von Kinderspielplätzen gestrichen und in das Ermessen der Bauherrschaft gestellt. Die Städte und Gemeinden können im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit die Errichtung von Kinderspielplätzen weiterhin über Festsetzungen im Bebauungsplan bauplanungsrechtlich steuern.

Bis zum 31.12.2030 werden Baugenehmigungsverfahren für Wohnbauvorhaben im unbeplanten Innenbereich nur noch durchgeführt, wenn dies der Bauherr explizit verlangt oder seitens der Bauaufsichtsbehörde bspw. aufgrund bauplanungsrechtlich kompliziert zu beurteilenden Fällen oder denkmalschutzrechtlich relevanter Sachverhalte gefordert wird. Dies entlastet die Bauherrenschaften und Genehmigungsbehörden von der Durchführung “unproblematischer Bauvorhaben“. Rechte der Bauaufsicht und der Bauherren werden jedoch nicht beschnitten, da jede der beiden Seiten ein Genehmigungsverfahren verlangen kann. Die befristete Regelung soll anschließend evaluiert werden. 

Hessen ist für das serielle Bauen bereits sehr gut aufgestellt. Um für diesen Bereich zukünftig noch mehr Potentiale auszuschöpfen, werden Praxisbeispiele als Vorbilder identifiziert, um anhand dieser mögliche Verbesserungen umsetzen zu können. 

Großgaragen mit mehr als 1000 m2 Nutzfläche werden künftig nicht mehr als Sonderbauten, sondern als Regelbauten bewertet und unterliegen daher erheblich einfacheren Genehmigungsverfahren. Davon werden besonders Wohnungsbauvorhaben mit größeren Garagen profitieren. Ebenso werden unkritische, große Büro- und Verwaltungsgebäude mit mehr als 3.000 m² Grundfläche mit der geplanten Regelung als Regelbauten eingestuft.

Grundstücke werden häufig geteilt, um auf kleineren Flächen zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die Teilung kann dazu führen, dass Festsetzungen eines Bebauungsplanes nicht mehr eingehalten werden, da dessen Vorgaben für die Teilungsgenehmigung nicht prüfungsrelevant sind. Dadurch ist vielfach ein nachträgliches Einschreiten durch die unteren Bauaufsichtsbehörden nötig. Um diese Regelungslücke zu schließen und dem Bauherrn Planungs- und Rechtssicherheit zu geben, soll das Bauplanungsrecht als Prüfungsgegenstand ausdrücklich aufgenommen werden. 

Bauanträge, die unvollständig sind oder sonstige erhebliche Mängel aufweisen, sollen künftig als zurückgenommen gelten, wenn die Mängel nicht innerhalb einer bestimmten Frist behoben werden. Dies verbessert die Qualität der Bauanträge, beschleunigt das Verfahren und entlastet die Bauaufsichtsbehörden. 

Bestehende Schriftformerfordernisse wie z.B. bei der Anzeige des Wechsels der Bauherrschaft, der Versendung von Unterlagen an die Gemeinde, der Verlängerung der Baugenehmigung, etc. werden entweder gestrichen oder reduziert (Textform statt Schriftform, was insb. eine Kommunikation über E-Mail zulässt). Dies erleichtert vor allem das elektronische Baugenehmigungsverfahren.

Nach der derzeitigen Rechtslage bedürfen der Abbruch und die Beseitigung baulicher Anlagen in der Regel einer Baugenehmigung. Im Zuge des Bürokratieabbaus soll daher die Beseitigung freistehender Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 3 sowie sonstiger baulicher Anlagen bis 10 m Höhe, die keine Gebäude sind, genehmigungsfrei gestellt werden. Regelmäßig ist dann nur noch die Anzeige bei der Bauaufsichtsbehörde nötig, was dort zu einer Entlastung führen wird. 

Diese Änderungen tragen der derzeitigen wirtschaftlichen Situation im Hinblick auf Lieferengpässe, Rohstoffknappheit und schwierige Finanzierungs­lagen Rechnung. Und sie sparen den Bauherren Kosten für das neuerliche Stellen eines Bauantrags.

Die bisherige Rechtslage sieht vor, dass die Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren auch fachfremdes Recht (Hauptanwendungsfall ist die Prüfung der artenschutzrechtlichen Regelungen) prüft, für das kein eigenes Zulassungsverfahren vorgesehen ist. Dieses Prüfungserfordernis soll, neben der Prüfung anderer fachrechtlicher Regelungen, entfallen. Dies dient der Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahren für Sonderbauten (z.B. Hochhäuser, Verkaufsstätten > 2 000 m² Grundfläche, Versammlungsstätten für > 200 Besucher, Krankenhäuser, Kitas mit dem Aufenthalt von Kindern dienenden Räumen außerhalb des Erdgeschosses, Schulen und Hochschulen).

In Umsetzung des Koalitionsvertrages wird die Genehmigungsfreiheit für Antennenanlagen auf eine Höhe bis zu 20 m im Außenbereich erweitert. Die Genehmigungsfiktion für Mobilfunkmasten, wonach diese regelmäßig drei Monate nach Einreichung aller Unterlagen automatisch als genehmigt gelten, soll auch Masten umfassen, die bisher als Sonderbauten eingestuft sind.

Um der Intention des Bundesgesetzgebers zu folgen, sollen bauplanungsrechtlich im Außenbereich privilegierte Solaranlagen sowie Vorhaben zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien durch Genehmigungsfreiheit auch im Bauordnungsrecht begünstigt werden. Zusätzlich könnten Erleichterungen für Batteriespeicheranlagen in das Baupaket I aufgenommen werden, sofern der Bundesgesetzgeber noch in diesem Jahr entsprechende Regelungen im Baugesetzbuch trifft. 

Nach europäischem Recht darf die Errichtung einer Windenergieanlage, die der europäischen Maschinenrichtlinie unterfällt, keinem nationalen Genehmigungsverfahren unterworfen werden, soweit Gesichtspunkten der CE-Kennzeichnung und der Anforderungen der Maschinenrichtlinie betroffen sind. Der Anwendungsbereich und die verfahrensrechtlichen Vorschriften der HBO werden daher entsprechend den europarechtlichen Vorgaben reduziert.

Seit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 steigt die Zahl der Bundesbauvorhaben zum Ausbau und zur Neuerrichtung von Bundeswehrliegenschaften. Parallel zum Pakt zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung haben sich Bund und Länder auf eine engere Kooperation und Erleichterungen bei der Umsetzung militärischer Bauvorhaben verständigt. Auch Hessen wird vom Bund und den NATO-Gaststreitkräften als Infrastrukturstandort genutzt. Landesrechtlich kann daher durch eine Ausweitung genehmigungsfreier Bauvorhaben auf militärische Liegenschaften und eine Reduktion bauaufsichtlicher Aufgaben ein Beitrag zur Entbürokratisierung staatlicher Bauvorhaben erreicht werden.

Die Kommission „Innovation im Bau“ setzt sich zusammen aus Akteuren der Baupraxis, Baukultur, Baurecht, Bauwirtschaft und Bauwissenschaft und umfasst folgende Mitglieder:

  1. Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen
  2. Hessischer Industrie- und Handelskammertag
  3. Ingenieurkammer Hessen
  4. Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V.
  5. Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V.
  6. IG BAU
  7. ZIA
  8. Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.
  9. KIT-Fakultät für Architektur
  10. Baumeister Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
  11. Franßen & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB
  12. ABG FRANKFURT HOLDING GmbH
  13. Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände
  14. Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum

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